Sektionen
Der Begriff des Scheidewegs soll die dynamischen Zeiten widerspiegeln, in denen wir uns momentan befinden. Durch den Einfluss vieler Faktoren haben sich herkömmliche Strategien, die den Umgang mit dem Hochschulsprachunterricht betreffen, gewandelt. Neue Richtlinien, Strategien und Konzepte, innovative Initiativen und komplexe Experimente werden durch das auf mehreren Ebenen vielfältige soziale, politische und wissenschaftliche Zusammenspiel sowohl an Universitäten als auch weltweit beeinflusst. Traditionelle Autoritäten und Verfahren im akademischen Umfeld werden zunehmend von einer Reihe neuer Akteure und neuer Ansätze infrage gestellt. Die universitären Sprachenzentren stehen mitten drin und erkunden neue Wege.
Es scheint, als seien wir am Scheideweg gefangen. Welche Sprache/n bieten wir wem in welcher Weise und Intensität an? Sollen wir ausschließlich Unterricht oder sämtliche sprachlichen Dienstleistungen anbieten? Wem sollen wir diese anbieten: Studierenden, Akademiker/innen, Universitätsangestellten, der Öffentlichkeit oder jedermann? Auf welche Kompetenzen sollen wir uns fokussieren: sprachliche, kommunikative, interkulturelle, sprachbezogene soziale Kompetenzen oder gar auf die Erwerbsfähigkeit? Soll der Fokus ausschließlich auf Englisch oder auf mehreren Sprachen liegen? Sollen wir uns auf Englisch als Lingua Franca oder als Nationalsprache mit ihren spezifischen kulturellen Hintergründen konzentrieren? Wer sind wir: Sprachdienstleistende, Akademiker/innen, Lehrende oder Mentor/innen? Welche Methoden, Strategien und Tools sollen wir anwenden? Wem gegenüber sind wir verantwortlich: unseren Studierenden, der Universität oder der Gesellschaft? Wie können wir Qualität garantieren und weiterentwickeln? Was zeichnet uns am besten aus: Vielfältigkeit, Flexibilität und Offenheit für neu einschlagbare Wege oder eine Verflechtung, Interdependenz und komplexe Vernetzung?
Wir könnten noch weit mehr Fragen mit jeweils verschiedenen möglichen Antworten ergänzen. Dabei führt jede Antwort die Sprachenzentren und ihre Mitarbeitenden in eine andere Richtung. Um zumindest einige dieser Fragen zu beantworten, möchte die Konferenz dazu einladen, zu den sieben nachstehend genannten Sektionen Beiträge einzureichen:
Sektion 1: Lehrmethoden und ICT
Sektion 2: Lernende und ihre Umgebung: Interaktionen, Rollen, Strategien
Sektion 3: Mehrsprachigkeit für akademische und berufliche Zwecke
Sektion 4: Bewertung und alternative Bewertungsformen
Sektion 5: Personal- und Qualitätsentwicklung
Sektion 6: Policies und deren Umsetzung
Sektion 7: Übersetzungs- und Terminologiemanagement
Sektion 1: Lehrmethoden und ICT
Die Entscheidungen, vor denen der Lehrende während seiner Berufsausübung steht, können als mehrere mehrstufige Ebenen visualisiert werden. Es ist notwendig auf verschiedenen Ebenen zu denken: sowohl auf der Ebene des gesamten Lehrangebots als auch auf der Ebene einer einzelnen Unterrichtseinheit. Sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir uns entscheiden müssen, wie es nun weitergehen soll, wird der von uns eingeschlagene Weg zumeist von den Antworten auf zahlreiche Fragen bestimmt. Was ist unser Ziel? Für welche Methoden und Tools entscheiden wir uns? Wie motivieren wir die Lernenden? Wie schaffen wir Einklang zwischen Sprache, Inhalt und Kompetenzen? Welches Material verwenden wir? Jede Frage eröffnet eine Vielzahl, wenn nicht sogar eine fast unbegrenzte Vielzahl unterschiedlicher Wege, die jede/r Lehrende für sich wählt.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Maximierung der Wirksamkeit von Lehren und Lernen
- Ermutigung zur aktiven Nutzung von Wissen
- Bedarfsanalyse und sich daraus ergebende Unterrichtsstrategien: Motivation, Engagement der Lehrkraft, kritische Sichtweisen, korpusbasierte Ansätze, interdisziplinäre Ansätze
- flexible Unterrichtsformen
- die Lernenden als inhaltlich Mitgestaltende
- Sprache und Kompetenzen (soziale Kompetenzen, Lebenskompetenzen, zwischenmenschliche Kompetenzen, interkulturelle Kompetenzen usw.)
- allgemeine vs. akademische vs. spezifische Sprache
- ICT als Teil der Lehrkompetenz
- Vielfalt und Effizienz der ICT Tools
Sektion 2: Lernende und ihre Umgebung: Interaktionen, Rollen, Strategien
In den letzten Jahren sind die Entscheidungsmöglichkeiten, vor denen der Lernende steht, komplexer und verstrickter geworden. Einerseits werden durch zahlreiche Möglichkeiten unzählige Formen der Unterstützung und Hilfestellung angeboten. Andererseits werden die Lernenden dazu aufgefordert, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit der Vielzahl an möglichen einschlagbaren Wegen, vor denen die Lernenden der ganzen Welt stehen, einschließlich wichtiger Entscheidungen, Verantwortlichkeiten und der emotionalen Faktoren des Lernprozesses. Wir möchten explizit den Freiraum schaffen, um über mögliche neu einschlagbare Wege - die Kognition, Emotionen und Motivation betreffend - nachzudenken. Dabei soll die während des langen Prozesses des Sprachenlernens notwendige Freude nicht vergessen werden. Wir werden uns ebenfalls mit bestimmten Generationen von Lernenden, die im Unterrichtsraum anzutreffen sind, auseinandersetzen.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Leistung von Hilfestellungen, damit die Lernenden Verantwortung für ihr Lernen, die Entwicklung von Selbstreflexion und die Metakognition übernehmen
- autonomes Lernen und die Eigenständigkeit des Lernenden, Implementierung der Selbstständigkeit im Unterricht, selbstorganisiertes Lernen
- Motivation und „Flow“ im Lernprozess
- die Rolle von Emotionen beim Sprachenlernen
- neue und neu zusammengesetzte Zielgruppen: Generation X, Generation Y, Generation Z, LLL (lebenslanges Lernen)
- sozialer Aspekt des Lernens: Umwelt, gegenseitige Abhängigkeit, Bedeutung der Zusammenarbeit, Unterrichtsdynamik
Sektion 3: Mehrsprachigkeit für akademische und berufliche Zwecke
In den letzten Jahrzehnten haben sich die sprachlichen Identitäten an Universitäten erheblich verändert. Auf der einen Seite liegt der institutionelle Fokus auf Englisch als Lingua Franca. Auf der anderen Seite wird der Fremdsprachenunterricht nicht länger ausschließlich von einsprachigen, sondern auch zunehmend von mehrsprachigen Studierenden mit den verschiedensten Sprachhintergründen besucht, was die Anpassung der Sprachpraktiken an die neue mehrsprachige Dynamik unumgänglich machte.
Unter all den verschieden möglichen Fragen und Entscheidungen, wie es weitergehen soll, vereinen die Schlüsselfragen drei Hauptpunkte unter sich: Der erste beschäftigt sich mit Englisch als globaler Lingua Franca und deren Auswirkungen auf die akademische und berufliche Welt; der zweite umfasst mehrsprachige Profile, Praktiken und pädagogische Ansätze, welche die Mehrsprachigkeit unter den Studierenden fördern kann. Der dritte berücksichtigt Fragen bzgl. der Vorbereitung auf die reale Welt und den Arbeitsplatz, eng verbunden mit der Zufriedenheit der Studierenden und ihrem zukünftigen Erfolg.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Varianten der englischen Sprache: World English, Global English, EMI usw.
- Mehrsprachigkeit und Lingua franca
- die Sprache im direkten Kontakt: Interferenz, Code-Switching, Code-Mixing
- Kulturen im Kontakt
- Academia und Arbeitsplatz
Sektion 4: Bewertung und alternative Bewertungsformen
Die Bewertung von sprachlichen Leistungen ist ein dynamischer Bereich, der durch viele neu aufkommende Überlegungen neugestaltet wurde. Es können daher die unterschiedlichsten Richtungen bzgl. der Umgestaltung eingeschlagen werden. Neue Ansätze von Assessment, neue Designs und neue Möglichkeiten, die durch digitale Tools entstanden sind, eröffnen neue Wege für die Entwicklung von Bewertungsmöglichkeiten, die mit unterschiedlichen Lehr- und Lernstilen in individuellen Kontexten der bewerteten Lernenden, neu aufkommenden Fragen der Validität und Fairness und dem Einfluss politischer Faktoren fest einhergehen.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Bewertung gemäß dem akademischen Kontext
- Bewertung in mehrsprachigen Kontexten, Ethik und Gerechtigkeit
- lernorientierte Bewertung, einschließlich weniger formellen Prüfens
- Zusammenhänge zwischen Unterrichten und Bewertung
- Digitalisierung und digitale Herausforderungen
- Fairness, Qualität und Validierung der Bewertung
- Was wir beurteilen: Kenntnisse des Lernenden, Entwicklung des Lernenden, Leistung, Fähigkeiten, Kompetenzen, Aufgabenerfüllung
- Bewertung und politische Kontexte
Sektion 5: Personal- und Qualitätsentwicklung
Diese Sektion vereint drei notwendige Komponenten eines gut funktionierenden Sprachenzentrums: Kernkompetenzen der Lehrenden an Sprachenzentren, Führungskompetenz und die dynamische Verknüpfung von Lehre und Forschung. Da das Hauptanliegen dieser Sektion die Qualitätsentwicklung und die interne Zusammenarbeit ist, werden für Sprachenzentren relevante Definitionen und die Umsetzung von Qualitäts- und Personalentwicklungskonzepten untersucht. Darüber hinaus erfordert die Notwendigkeit der Steigerung von Unterrichtsqualität zunehmend eine fachübergreifende Forschung in jenen Disziplinen, die sich auf den Sprachunterricht und den Spracherwerb beziehen.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Ausbau und Erweiterung der Kernkompetenzen der Lehrenden an Sprachenzentren
- 2020+ Know-How von Sprachlehrenden
- Wohlbefinden der Lehrenden
- Lehrende und/oder Wissenschaftler/innen
- relevante Formen der Forschung an Sprachenzentren (anwendungsbezogene Forschung, Unterrichtsforschung, explorative Praktiken usw.)
- Fachkompetenz
- Teamfähigkeit
- Führungskompetenzen
- wirksame Einstellungsverfahren
- gruppendynamische Phänomene an Sprachenzentren
Sektion 6: Policies und deren Umsetzung
In dieser Sektion setzen wir uns mit dem Wulkow-Memorandum über Politik (2018) auseinander und vertiefen unser Verständnis der Rollen und Verantwortlichkeiten der Sprachbildung und beschäftigen uns mit dem Beitrag von Sprachenzentren zur Entwicklung und dem Schutz einer gut funktionierenden, in demokratischen Werten verankerten Gesellschaft:
“…Language Centres do not exist in isolation from the rest of the higher education institution, and the latter in turn cannot isolate itself from political [and socio-cultural] developments whether on national or international level.”
Wulkow Memorandum on Politics (2018)
Wir werden über mögliche Wege diskutieren, das Erlernen von Sprachen als Instrument für die Erziehung zu Toleranz und zur Beseitigung von mentalen Barrieren und ebenso zu Inklusion und sozialem Zusammenhalt zu nutzen.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Unterrichten von Minderheitssprachen
- Stellung der Landessprachen
- Hochschulsprachenpolitik (lokal, national, international) - Kreation, Inhalt und Umsetzung
- Entwicklung der mehrsprachigen Identität von Studierenden und Mitarbeitenden
Sektion 7: Übersetzungs- und Terminologiemanagement
Das Thema dieser Sektion ist die Übersetzung als Dienstleistung von Sprachenzentren. Dabei stehen insbesondere die Komplexität der Fachterminologie und deren Verwaltung sowie die verschiedenen Dienstleistungen im Vordergrund. Dabei werden verschiedene Wege für die Zusammenarbeit und Vernetzung untersucht.
Diese Sektion umfasst unter anderem die folgenden Bereiche:
- Management von Übersetzungen: externe und interne Übersetzer, allgemeine und Ad-hoc-Einstellung, Qualitätsgarantie
- Hochschulterminologie: Strategie der Wahl, Angleichung von Begriffen, Angleichung von Konzeptionen
- die Universität als Kunde
- externe Kundinnen und Kunden - Geschäftsstrategie